Klasse | Schulstufe | Thema | Themengebiet | Schwierigkeit |
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12/ 13 | Sekundarstufe II | Modellieren mit Vektoren | Raum und Form | ** |
Heuristsche Hilfsmittel | Heuristische Prinzipien | Heuristische Strategien |
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Informative Figur | Zerlegungs- und Ergänzungsprinzip, Invarianzprinzip | Vorwärtsarbeiten, Systematisches Probieren |
Marco findet auf dem Schulhof eine Schatzkarte mit den folgenden Hinweisen:
Laufe vom Galgen zum Kokosnussbaum, zähle deine Schritte. Drehe dich um 90° nach rechts und laufe so viele Schritte, wie du vom Galgen zum Kokosnussbaum gelaufen bist. Stecke einen Stock in den Boden. Geh' zurück zum Galgen und laufe zum Bananenbaum, zähle wiederum die Schritte. Drehe dich um 90° nach links und laufe so viele Schritte, wie du vom Galgen zum Bananenbaum gelaufen bist. Stecke einen Stock in den Boden. Der Schatz befindet sich genau zwischen den beiden Stöcken.
Marco findet die Insel und die beiden Bäume, aber keinen Galgen. Er gräbt zufällig nach dem Schatz, hat aber kein Glück. Weißt du, wo der Schatz versteckt ist?
Originaltext:
Ein junger und abenteuerlustiger Schüler Marco, entdeckte einige Hinweise um einen versteckten Schatz auf einer abgelegenen, isolierten und einsamen Insel zu finden. Die Hinweise lauten wie folgt:
Laufe vom Galgen zum Kokosnussbaum, zähle deine Schritte. Drehe dich um 90° nach rechts und laufe so viele Schritte, wie du vom Galgen zum Kokosnussbaum gelaufen bist. Stecke einen Stock in den Boden. Geh zurück zum Galgen und laufe zum Bananenbaum, zähle wiederum die Schritte. Drehe dich um 90° nach links und laufe so viele Schritte, wie du vom Galgen zum Bananenbaum gelaufen bist. Stecke einen Stock in den Boden. Der Schatz befindet sich genau zwischen den beiden Stöcken.
Marco fand die Insel, die beiden Bäume, aber keine Spur vom Galgen. Hektisch begann er überall zufällig zu graben, aber hatte kein Glück. Schließlich gab er auf und kehrte mit leeren Händen nach Hause zurück, sodass der Schatz dort heute immer noch liegt.
Lösungsvariante 1:
Bezeichnung:
G = Standpunkt Galgen, B = Standpunkt Bananenbaum, K = Standpunkt Kokosnussbaum, S1 = Standpunkt erster Stock, S2 = Standpunkt zweiter Stock
Vektorzuordnung:
\(K=\left( \begin{matrix} 0 \\ 0 \end{matrix} \right) ; B=\left( \begin{matrix} b \\ 0 \end{matrix} \right) ; G=\left( \begin{matrix} { g }_{ 1 } \\ { g }_{ 2 } \end{matrix} \right) \)
S1 und S2 werden mithilfe der jeweils orthogonalen Vektoren zu den Richtungsvektoren bestimmt.
\(S1=K+\left( \begin{matrix} 0-{ g }_{ 2 } \\ -(0-{ g }_{ 1 }) \end{matrix} \right) =\left( \begin{matrix} -{ g }_{ 2 } \\ { g }_{ 1 } \end{matrix} \right) \); \(S2=B+\left( \begin{matrix} -(0-{ g }_{ 2 }) \\ b-{ g }_{ 1 } \end{matrix} \right) =\left( \begin{matrix} b+{ g }_{ 2 } \\ b-{ g }_{ 1 } \end{matrix} \right) \)
Der Standpunkt des Schatzes X ist der Mittelpunkt zwischen S1 und S2.
\(X=\frac { 1 }{ 2 } \left( S1+S2 \right) =\frac { 1 }{ 2 } \left( \left( \begin{matrix} -{ g }_{ 2 } \\ { g }_{ 1 } \end{matrix} \right)+ \left( \begin{matrix} b+{ g }_{ 2 } \\ b-{ g }_{ 1 } \end{matrix} \right) \right) = \frac {1}{2}\left( \begin{matrix} b \\ b \end{matrix} \right) \)
Lösungsvariante 2:
Mit der Hilfe eines Koordinatensystems kann zunächst gezeigt werden, dass der Standpunkt des Schatzes unabhängig von dem Standpunkt des Galgens ist. Dafür wird ein geeignetes Koordinatensystem gezeichnet und die Standpunkte der beiden Bäume festgelegt. Daraufhin kann wahllos ein Standpunkt für den Galgen gewählt werden, und die Schritte der Schatzkarte können durch Drehungen um 90° und der Mittelpunktbestimmung im Koordinatensystem nachvollzogen und festgehalten werden.
Dabei werden die Vorkenntnisse benutzt, dass für eine positive 90°-Drehung α um den Koordinatenursprung gilt: \(\alpha \left( P=\left( { x }|{ y } \right) \right) =\left( { y }|{ -x } \right) .\)
Wichtig sind hier die Bezeichnungen der Schatzkarte „links“ und „rechts“ drehen. Es muss daher immer angeglichen werden, in welchem Drehsinn die Bewegung erfolgt.
Für die Mitte der Strecke gilt die Formel: \(M=\left( { \cfrac { { x }_{ 1 }+{ x }_{ 2 } }{ 2 } }|{ \cfrac { { y }_{ 1 }+{ y }_{ 2 } }{ 2 } } \right) .\)
Die Schritte werden nun mit einem anders gewählten Standpunkt für den Galgen im gleichen Koordinatensystem wiederholt. Dadurch zeigt sich, dass die Standpunkte der „zwei“ Schätze aufeinander fällt. Es ist damit jedoch noch nichts bewiesen, es gibt aber einen ersten Anhaltspunkt, wie die Lösung des Problems sein könnte. Dieser Schritt kann auch mit einem DGS gemacht werden.
Beispiel:
K = (0|0) ; B = (6|0) ;
G1 = (2|2) ; K' = (-2|2) ; B' = (8|4) ; S1 = (3|3) ;
G2 = (4,5|2,5) ; K'' = (-2,5|4,5) ; B'' = (8,5|1,5) ; S2 = (3,3)
Beweis:
Durch das Bilden des Lots durch den Standpunkt des Galgens wird das Dreieck (K,B,G1) in zwei Dreiecke unterteilt: (K,H(G1),G1) und (H(G1),B,G1). Die durch die Drehung um 90° entstehenden Dreiecke (H(K'),K,K') und (B,H(B'),B') sind jeweils kongruent zu (K,H(G1),G1) und (H(G1),B,G1), da die Bewegung längen- und winkeltreu ist. Dabei ist H(K') der Lotfußpunkt von K' und H(B') der Lotfußpunkt von B'. Dies gilt auch für die entstehenden Dreiecke in der zweiten Variante mit G2 (lila).
Dabei fällt auf, dass der Mittelpunkt von H(K') und H(B') derselbe Punkt ist wie der Mittelpunkt von H(K'') und H(B''). Dieser Mittelpunkt ist also unabhängig von der Position des Galgens, zudem ist es der Lotfußpunkt des Schatzes auf der x-Koordinate. Es ist nicht nur der Mittelpunkt der Lotfußpunkte, sondern auch der Mittelpunkt der beiden Bäumen, also der Punkte K und B.
Es gilt daher \(H(S1)=H(S2)=\cfrac { (K+B) }{ 2 } \). Damit ist die Höhe im Dreieck (K,B,S1) gleichzeitig die Mittelsenkrechte und damit ist das Dreieck gleichschenklig.
Daraus folgt: \(\overline { H(S1)S1 } =\overline { H(S1)K } =\overline { H(S1)B } .\)
Der Standpunkt des Schatzes ist damit unabhängig vom Standpunkt des Galgens.
Die Schatzinselproblemaufgabe kann auch schon in der Sekundarstufe Ι behandelt werden, wenn nur die zweite Lösungsvariante, die Lösung mit euklidischer Geometrie, gefordert wird. Empfehlenswert ist diese Aufgabe jedoch für die Sekundarstufe ΙΙ, da sie zur analytischen Geometrie gehört. Es geht um ein konkretes Darstellungsproblem, für das eine Koordinatisierung notwendig ist. Für die benötigte analytische Beschreibung der Strecken ist der Vektorbegriff nützlich. Da dieser mittels geometrisch-anschaulicher Wirkungen erarbeitet werden soll, indem von realitätsbezogenen Fragestellungen ausgegangen wird, sind die Schülerinnen und Schüler an Anwendungsaufgaben, die zunächst mathematisch modelliert werden müssen, gewöhnt. Das symbolische Operieren mit Vektoren ist die Voraussetzung für das Lösen der Aufgabe mithilfe der Vektorrechnung. Dafür müssen die Schülerinnen und Schüler daher die Begriffe Ortsvektor, Richtungsvektor und orthogonaler Vektor nicht nur kennen, sondern auch anwenden können. Diese geometrischen Darstellungen und analytischen Bearbeitungen werden im dritten Kurshalbjahr eingeführt und „theoretisch systematisiert, ohne den Begriff des Vektorraums allgemein zu thematisieren.“ (Rahmenlehrplan (2014), S. 25)
Es ist daher sinnvoll, die Aufgabe in der Sekundarstufe ΙΙ zu behandeln, da die Vektorrechnung die Lösung geometrischer Probleme nicht nur vereinfacht, sondern auch auf vielfältige Weise genutzt werden kann: mithilfe des Koordinatensystems, mit festgelegten Punkten oder auch ganz allgemein als Beweis. Die zweite Lösungsvariante ist in der Hinsicht keine unnötige Lösungsmöglichkeit, sondern verknüpft das bereits bekannte Wissen aus der euklidischen Geometrie mit dem neuen Wissen der analytischen Geometrie. Solche Vernetzungen sind im Fach Mathematik immer wünschenswert, da nicht nur das Verständnis für den Inhalt vertieft wird, sondern auch Vorkenntnisse wieder mit eingebettet werden. (vgl. Rahmenlehrplan (2014), S. 25)
Die Aufgabe des Schatzinselproblems kann im Mathematikunterricht verschiedene Kompetenzen fördern. Zum Einen können die prozessbezogenen mathematischen Kompetenzen erfasst werden, aber auch die inhaltsbezogenen.
Prozessbezogene Kompetenzen
Beispielsweise werden die prozessbezogenen Bereiche „Probleme mathematisch lösen [K2]“, „mathematisch modellieren [K3]“ und „mathematische Darstellungen verwenden [K4]“ gefördert.
Das mathematische Problemlösen wird dadurch erfasst, dass die Schülerinnen und Schüler bei der Bearbeitung der Schatzinselproblemaufgabe in der zweiten Lösungsvariante Muster und Beziehungen von Figuren untersuchen müssen, um die Lösung beweisen zu können. Dies geschieht, indem die Kongruenz festgestellt und bewiesen wird, sowie die Gleichschenkligkeit des einen Dreiecks. In beiden Varianten werden zudem zunächst die innermathematische Problemstellung strukturiert und relevante Größen entnommen. Darauf folgt das notwendige Finden und Nutzen einer geeigneten Darstellung, hier zum Beispiel die Standorte aus der Schatzkarte als Punkte im Koordinatensystem. Jedoch ist diese Darstellung nicht zielführend, wenn keine heuristischen Strategien verwendet werden. Diese werden unter Heurismen noch genauer beschrieben.
Da die Schatzinselproblemaufgabe eine Realsituation darstellt, müssen die Schülerinnen und Schüler im ersten Schritt den Komplexitätsgrad der Realsituation strukturieren und reduzieren, um sie mathematisch zugänglich zu machen, dies gehört in den Bereich des mathematischen Modellierens. Zudem wird durch das Koordinatensystem eine reale Situation mit einem mathematischen Modell beschrieben, indem die Wege durch Richtungsvektoren oder Strecken dargestellt werden.
Diese Darstellung ist ein weiterer prozessbezogener Kompetenzbereich, der erfasst wird. Die Schülerinnen und Schüler müssen die geeignete Darstellung erst wählen, indem sie die Situation und den Zweck als entscheidende Faktoren betrachten. Mittels der zwei Varianten werden damit nicht nur graphische und symbolische Darstellungen verwendet, sondern auch numerische.
Eine weitere prozessbezogene Kompetenz wird erfasst, wenn die Dynamische Geometriesoftware (DGS) zum Einsatz kommt. Durch die DGS werden mathematische Hilfsmittel und Werkzeuge eingesetzt und damit der Kompetenzbereich „mit symbolischen, formalen und technischen Elementen der Mathematik umgehen [K5]“ gefördert.
Inhaltsbezogene Kompetenzen
Zusätzlich werden die inhaltsbezogenen mathematischen Kompetenzen „Algorithmus und Zahl [L1]“, „Messen [L2]“ und „Raum und Form [L3]“ durch die Aufgabe erfasst.
Im Bereich „Algorithmus und Zahl“ verwenden die Schülerinnen und Schüler natürliche und ganze Zahlen zur Darstellung mathematischer Situationen und wenden diese zur Lösung vom Problem an, wenn sie die Wege der Schatzkarte zum Beispiel mit Hilfe von Vektoren darstellen. In Variante 2 können die Schülerinnen und Schüler die Strecken und Winkel auch messen, wenn sie mit dem Koordinatensystem arbeiten. Zudem müssen sie die geometrische Objekte unter der Verwendung von Ober- und Unterbegriffen und den definierten Eigenschaften klassifizieren, wenn sie den Beweis aufstellen. Dabei werden die Eigenschaften von Figuren mithilfe der Kongruenz begründet (vgl. Rahmenlehrplan 2014, S. 12ff).
Als heuristisches Hilfsmittel ist die informative Figur besonders wichtig, da diese schon zusätzlich neben der Anleitung der Schatzkarte vorhanden ist und alle wichtigen Informationen der Aufgabe enthält, wie zum Beispiel, wo sich der Galgen im Bezug zu den zwei Bäumen befindet. Dadurch können die Schülerinnen und Schüler auch erst genau wissen, welche Richtung wirklich mit „rechts“ und „links“ aus der Wegleitung gemeint ist. Zudem hilft die Figur, eine erst Lösungsidee zu finden. Durch die eingezeichneten Wege können die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel auf die Idee einer Darstellung in einem Koordinatensystem kommen.
Hilfreiche heuristische Strategien sind auf jeden Fall das Vorwärtsarbeiten und systematische Probieren. Beim Vorwärtsarbeiten gehen die Schülerinnen und Schüler von den vorgegebenen Voraussetzungen aus und gewinnen aus diesen schrittweise Erkenntnisse. Durch das Darstellen der Wege als Strecken in der informativen Figur, wird erkennbar, dass diese als Richtungsvektoren geschrieben werden können und die vorgegeben Punkte als Ortsvektoren. Aus der Voraussetzung der 90°-Drehung ergibt sich die Erkenntnis, dass diese Drehung nicht als Bewegung durchgeführt werden muss, sondern auch als orthogonaler Vektor zum schon vorhandenen Richtungsvektor darstellt werden kann. Dadurch sind die Standpunkte der beiden Fahnen bestimmt und es muss nur noch die Mitte dieses entstandenen Richtungsvektors bestimmt werden. Dabei ergibt sich das Wegfallen der Koordinaten des Galgens in der Ortsvektorbestimmung und dadurch ist die Unabhängigkeit vom Galgenstandpunkt bewiesen.
Auch in der zweiten Variante der Lösung durch euklidische Geometrie ist das Vorwärtsarbeiten von Vorteil, indem die vorgegebenen Schritte von einem willkürlich gewählten Galgenstandpunkt nach und nach vollzogen werden. Damit wird zunächst die Unabhängigkeit sichtbar und kann dann durch systematisches Probieren, indem die Zusammenhänge des darstellten Problems im Koordinatensystem gezielt untersucht werden, bewiesen werden. Damit ist das Probieren mit den Eigenschaften der Dreiecke gemeint, welches mithilfe von Kongruenz, Bewegungen und Lotfußpunkten zur Lösung führt.
Zerlegen und Ergänzen sowie das Invarianzprinzip sind heuristische Prinzipien, die bei dem Lösungsfindungsprozess helfen. Dabei wird beim Zerlegen und Ergänzen die Problemstellung so umgewandelt, dass die Schülerinnen und Schüler etwas Bekanntes erhalten. Das Suchen nach etwas Bekanntem in der Aufgabenstellung führt zur Zergliederung der Informationsmenge und erleichtert damit das Ordnen und Strukturieren für die Lösungsidee. Vor allem in der zweiten Lösungsmöglichkeit bietet sich an, die entstandenen Figuren in weitere Figuren zu zerlegen, um Bekannte Eigenschaften zu erkennen und nutzen zu können, wie zum Beispiel die Kongruenz. Diese wird nur ersichtlich durch das Zerlegen der vorhandenen Dreiecken in weitere Dreiecke und durch die Ergänzung mithilfe der Lote zu wiederum kongruenten Dreiecken.
Das Invarianzprinzip bedeutet „Unveränderlichkeit“ und dieses hilft bei der zweiten Variante, indem untersucht oder besser gesagt erkannt wird, dass die kongruenten Dreiecke in diesem Verhältnis immer gleich bleiben und damit auch die entstehenden Mittelpunkte. Durch diese Erkenntnis kann mithilfe dieser gleichbleibenden Punkte die Unabhängigkeit bewiesen werden.
Die Schatzinselproblemaufgabe hat einen mittleren Schwierigkeitsgrad von zwei Sternen. Dieser setzt sich aus den Anforderungsstufen der vier schwierigkeitsgenerierenden Aufgabenmerkmale zusammen.
Die sprachlogische Komplexität befasst sich mit den vorliegenden Informationen und wie diese den Schülerinnen und Schülern vermittelt werden. Da das Schatzinselproblem einen längeren Aufgabentext hat, dieser jedoch hauptsächlich relevante Informationen und auch in der richtigen Reihenfolge besitzt, sind die Schritte der Lösung klar erkennbar und auch die mathematischen Begrifflichkeiten sind nicht neu verkleidet. Da zusätzlich eine informative Figur vorhanden ist, liegt die Anforderung der sprachlogischen Komplexität bei der Stufe 1.
Ein weiteres Merkmal ist die kognitive Komplexität, welche sich auf die Art der Denkprozesse bei dem Lösungsprozess bezieht. Da die Denkvorgänge bei dem Schatzinselproblem hauptsächlich nacheinander abzuarbeiten sind, aber Zusatzüberlegungen erforderlich sind, weil es mathematisches Modellieren ist, handelt es sich hierbei wieder um die Anforderungsstufe 1.
Formalisierung von Wissen beinhaltet die Nutzung der erforderlichen Werkzeuge sowie das Arbeiten mit den formalen Ausdrücken. Die Anforderungsstufe liegt hierbei bei 2, denn für die Lösung sind die formalen Darstellungen eigenständig zu erarbeiten und nicht durch die Aufgabenstellung vorgegeben. Zusätzlich müssen die Schülerinnen und Schüler für die Lösung Abstraktionsleistungen erbringen und nebenbei auch gezielte Überwachungs- und Kontrollüberlegungen durchführen, um die Hindernisse des Problems zu bewältigen.
Bei dem letzten Merkmal, der Formelhandhabung, geht es um die Handhabung von formalen mathematischen Ausdrücken, vor allem jedoch um Terme und Gleichungen. In der zweiten Lösungsvariante werden algebraische Operationen so gut wie gar nicht gefordert und daher liegt dieser Lösungsansatz bei der Anforderungsstufe 0. Wobei bei der Vektorrechnung einige Lösungsroutinen, wie die der Umformung, erforderlich sind, und der erste Lösungsweg daher mit der Anforderungsstufe 1 etwas anspruchsvoller ist (vgl. COHORS-FRESENBORG, SJUTS & SOMMER (2004), S. 112ff).
Die Schülerinnen und Schüler können an verschiedenen Stellen des Lösungsprozesses ins Stocken geraten und Hilfestellungen benötigen, um in die richtige Richtung weiter arbeiten zu können.
Für das Problemlösen gibt es verschiedene Lernhilfen: Motivationshilfen, Rückmeldungshilfen, allgemeine strategische Hilfen, inhaltsorientierte strategische sowie inhaltliche Hilfen. Motivationshilfen sollen die Schülerinnen und Schüler bestärken weiter konzentriert an der Aufgabe zu arbeiten. Rückmeldungshilfen geben andererseits die Information, ob die Lösungsideen und -ansätze in die richtige Richtung verlaufen. Da Motivations- und Rückmeldungshilfen sich nicht spezifisch auf die Aufgaben beziehen, werden im Folgenden die drei weiteren Lernhilfen beispielhaft beschrieben.
Mögliche kritische Stelle:
Eine kritische Stelle, an der die Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten bekommen könnten, ist bei der Vektorrechnung, also der ersten Lösungsvariante, gleich zu Beginn die Darstellung mithilfe von Vektoren.
Allgemein-strategische Hilfen
Allgemein-strategische Hilfen sind hierbei zum Beispiel Hinweise auf verschiedene Darstellungsformen, die bekannt sind. Dabei ist es immer gut darauf zu verweisen, die gegebenen Informationen genau herauszuarbeiten und zu strukturieren. Zusätzlich sollte immer gefragt werden, an was die Schülerinnen und Schüler die vorhandenen Informationen oder die Aufgabe erinnern bzw. erinnert. Die Schülerinnen und Schüler sollen dann an schon bekannte ähnliche Aufgaben denken, gerade die Skizze der Insel kann dabei behilflich sein. Diese Ähnlichkeiten können gute Anregungshilfen für erst Lösungsideen sein.
Welche Informationen aus dem Text sind relevant für die Lösung des Problems? |
An welche bekannte Aufgabe erinnern dich die gegebenen Informationen? |
Kennst du vielleicht eine ähnliche Aufgabe, die dir weiterhelfen kann? |
Inhaltsorientierte strategische Hilfen
Zusätzlich sind inhaltsorientierte strategische Hilfen möglich, wie der Verweis auf die unterschiedliche Darstellung von Punkten, welche gegeben sind. Dabei ist nicht nur die Vektordarstellung gemeint, sondern auch die Darstellung allgemein innerhalb eines Koordinatensystems. Hilfreich kann auch sein, den Galgen zu spezifizieren, da dies das Hindernis ist, auf das in der Aufgabe hingewiesen wird, und daher auch bei den Schülerinnen und Schülern zunächst Schwierigkeiten aufkommen lässt. Wenn diese erste Hürde geschafft ist, sind die weiteren Schritte meistens gar nicht mehr so schwer.
Wie kannst du die gegebenen Informationen mathematisch darstellen? |
Welche Darstellungsform von Wegen ist dir bekannt? |
Wie kannst du den Galgen mathematisch darstellen, obwohl du nicht weißt, wo er stand? |
Inhaltliche Hilfen
Inhaltlich kann ganz speziell auf das Koordinatensystem hingewiesen werden. Zusätzliche inhaltlichen Hilfen wären der Verweis auf Vektoren, oder aber auch die Darstellung von dem Standpunkt des Galgens. Da diese inhaltlichen Hilfen ganz spezielle Begriffe schon vorgeben, sollten sie nicht als erste Lernhilfen gegeben werden, sondern erst wenn die anderen Hilfen die Schülerinnen und Schüler nicht weitergebracht haben.
Kennst du eine geeignete Darstellung der Informationen im Koordinatensystem? |
Wenn du den Kokosnussbaum als \(K=\left(\begin{matrix} 0 \\ 0 \end{matrix}\right)\) darstellen kannst, wie könnten dann die anderen Punkte dargestellt werden? |
Wie kannst du einen Ortsvektor angeben, der keine konkreten Koordinaten hat? |
Weitere mögliche kritische Stelle:
Eine weitere kritische Stelle im Lösungsprozess ist in der zweiten Lösungsvariante der Beweis der Unabhängigkeit des Schatzes vom Standpunkt des Galgens. Die Schülerinnen und Schüler haben zuvor mithilfe von DGS oder selbst gezeichneten Koordinatensystemen erkannt, dass der Standort des Schatzes immer gleich bleibt, egal welcher Standpunkt für den Galgen gewählt wird. Es kann also gut sein, dass für den weiteren Schritt zur Lösung Lernhilfen benötigt werden.
Allgemein-strategische Hilfen
Allgemein-strategisch kann hierbei schon der Verweis auf die Notwendigkeit eines Beweises oder der Betrachtung des bereits Gelernten, und wie dies weiterhelfen kann, hilfreich sein.
Du hast jetzt herausgefunden, dass der Standpunkt des Galgens egal ist, kannst du das auch begründen? |
Wie beginnen wir bei einem Beweis? |
Können dir die gegeben Informationen behilflich sein? Überlege, was alles wichtig ist. |
Inhaltsorientierte strategische Hilfen
Inhaltsorientierte strategische Hilfen beziehen sich schon fachbezogen auf die Strategien für den Beweis. Fragen nach bekannten geometrischen Figuren und damit verbundene Sätze können bei der ersten Beweisidee hilfreich sein. Es geht darum, die Schülerinnen und Schüler auf die Dreiecke und die vorliegende Kongruenz aufmerksam zu machen.
Welche geometrischen Figuren können weiterhelfen, die in deinem Koordinatensystem vorhanden sind? |
Gibt es Hilfslinien, die dir weiterhelfen können? |
Kannst du bekannte Sätze anwenden? |
Inhaltliche Hilfen
Als spezielle Lernhilfen können auch hier die inhaltlichen Hilfen gegeben werden, indem direkt auf die vorhandenen Dreiecke verwiesen wird, die durch das Lot entstehen. Weiterführend kann dabei auch der Verweis auf die weiteren Lote als Hilfslinien helfen, damit die entscheidenden Dreiecke erst einmal zustande kommen.
Mit welchen Hilfslinien kannst du in deiner Zeichnung Dreiecke erzeugen, die dir beim Beweis weiterhelfen? |
Mithilfe des Lots kannst du das gegebene Dreieck (K,B,G) in zwei Dreiecke teilen. Helfen dir noch weitere Lote, um bestimmte Dreiecke zu erzeugen? |
Welche Sätze über die Kongruenz kannst du verwenden? |
Die Differenzierung einer Aufgabe ist immer wieder nötig, wenn alle Schülerinnen und Schüler ihren Lernständen entsprechend üben sollen. Die folgenden Differenzierungsmöglichkeiten sind Beispiele, wie die Schatzinselproblemaufgabe verändert werden kann, um geeigneter für leistungsschwächere, aber auch für leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler zu sein.
Durch das geringfügige Ändern der Aufgabe, dem „Wackeln“, kann der Text zum Beispiel angepasst werden, sodass der Leseaufwand nicht mehr so hoch ist. Dies habe ich hier schon getan, da mir der Originaltext zu lang erschien. Natürlich kann auch der Originaltext für diejenigen verwendet werden, die dadurch besser motiviert werden, da der Realitätsbezug dann noch stärker erscheint.
Durch die Umorientierung der Sichtweise wird das „Ziel verändert“. Dies könnte durch eine Zusatzaufgabe geschehen, in der die Schülerinnen und Schüler selbst eine Schatzkarte in ähnlicher Weise erfinden sollen. Dabei werden wieder andere Kompetenzen gefördert, da bedacht werden muss, welche Voraussetzungen gegeben und weggelassen werden können.
Auch durch eine anschließende Frage, dem „Nachfragen“, kann das Verständnis noch einmal überprüft werden, indem zum Beispiel gefragt wird: Da du den Schatz nun gefunden hast, weißt du jetzt auch, wo früher der Galgen stand?
Damit wird gerade bei der Vektorrechnung noch einmal darauf eingegangen, ob die Schülerinnen und Schüler auch wirklich die Unabhängigkeit nachvollzogen haben, die sie so eben bewiesen haben.
Die Zeichnung der Schatzinsel gibt schon eine Visualisierung vor, doch auch diese kann verändert werden und verschiedene Informationen „sichtbarmachen“. So können die Wege schon eingezeichnet werden, die Stöcker und auch der Schatz. Dies kann dabei helfen einen Lösungsansatz zu finden.
Um den Schwierigkeitsgrad abzuändern, die Aufgabe also „schwerer oder leichter zu machen“, bietet sich hier die Veränderung der gegebenen Visualisierung an. Leichter wird es, je mehr in Karte schon eingezeichnet ist und umso schwieriger wird es, je weniger visuell vorgegeben ist. Dies kann soweit gehen, dass gar keine Skizze als Hilfe gegeben ist. Dadurch wissen die Schülerinnen und Schüler nicht, auf welcher Seite der Galgen stand und somit verändert sich auch rechts und links. Interessant ist später dann der Vergleich, dass die Lösungswege trotzdem sehr ähnlich sein können. Das Hindernis, das zu überwinden ist, ist hierbei jedoch größer. Zusätzlich können auch weitere irrelevante Informationen hinzugefügt werden, wie die Anzahl der Schritte, die man gehen muss. Insgesamt gibt es viele verschiedene Strategien, die Aufgabe zu differenzieren, wobei dies wahrscheinlich nur eine kleine Auswahl ist (vgl. SCHUPP (2002), S. 31ff).
Die Schatzinselproblemaufgabe ist gut geeignet für das produktive Üben, da sie als Anwendungsaufgabe den Realitätsbezug beibehält und verschiedene Darstellungsformen von Punkten und Wegen im Koordinatensystem beinhaltet. Durch die verschiedenen Lösungsansätze können die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen auf vielfältige Weise auffrischen und vertiefen. Daher ist diese Aufgabe auch nicht als Einüben eines Algorithmus geeignet, da die erste Schwierigkeit darin besteht, die Aufgabe mathematisch zu modellieren, sodass die Realitätssituation erst einmal mathematisch zugänglich wird. Falls die Aufgabe also direkt nach der Einführung des Vektorbegriffs behandelt wird, ist diese Förderung der Problemlösekompetenz nicht mehr gegeben. Zusätzlich wird wahrscheinlich auch kein Zugang zu der zweiten Lösungsvariante geschaffen, da alle Schülerinnen und Schüler auf den Bereich "Vektoren" fokussiert sind. Besonders geeignet ist das Schatzinselproblem daher in der produktiven Übungsphase vor dem Abitur, indem das gesamte Wissen wiederholt, vernetzt und vertieft wird.
Wir freuen uns auf Ihre Anregungen und konstruktive Rückmeldung zum Material.
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